Selbstwert und Selbstwertprobleme

Selbstwertprobleme kommen bei verschiedenen psychischen Störungen, aber auch bei gesunden Menschen vor. Nahezu jede*r Psychotherapie-Klient*in hat unter anderem auch Probleme mit dem Selbstwert. Dabei gilt es jedoch ein paar Punkte zu verstehen. Zum einen ist das Selbstwertgefühl kontextabhängig. Das heißt, jemand kann in seinem Job hervorragendes leisten, wenn es aber gilt, eine Präsentation vor mehr als zwei Personen zu machen, beginnt er plötzlich zu schwitzen und sich Schreckensszenarien auszumalen, was alles schiefgehen kann. Jemand anderer mag vielleicht beruflich "funktionieren", während er in seinen Partnerschaften, wegen großer Ängste, immer wieder scheitert.

Nur bei sehr wenigen Menschen erstreckt sich die Selbstwertproblematik auf die ganze Persönlichkeit ("ich bin generell nichts wert", "ich bekomme überhaupt nichts auf die Reihe", "ich tauge überhaupt nichts"…). Und falls das doch der Fall sein sollte, gehen solche Probleme meist mit einer sehr schweren Depression einher, die durch Psychotherapie stark gebessert oder sogar geheilt werden kann. Eine verbesserte Stimmung stabilisiert meist auch den Selbstwert.

Meiner Beobachtung nach schwankt der gefühlte Selbstwert auch je nach Tagesverfassung. Haben wir gut geschlafen und einige schöne Erfahrungen gemacht, ist unser Selbstwert stabiler, als wenn wir schlecht schlafen, viel Stress und zudem noch mehrere entmutigende Erfahrungen hintereinander hatten. Je mehr wir in unserer Mitte sind, desto mehr sind wir Frau/Herr unserer Ressourcen und Möglichkeiten und desto stabiler erleben wir unseren Selbstwert.

Wichtig ist zu wissen, dass wir mit solchen Selbstwertproblemen nicht geboren wurden, sondern wir haben sie uns im Laufe des Lebens zugezogen. Das kann etwa durch entmutigende Eltern und Lehrer geschehen sein ("Du bekommst sowieso nie etwas auf die Reihe", "Versuche es erst gar nicht", "Lass mich das machen, du bist dafür zu ungeschickt"…) oder durch unangenehme Erfahrungen, vielleicht auch durch ein traumatisches Erlebnis.

Im Rahmen eines Selbstwerttrainings können wir zunächst sogenannte Selbstwerträuber identifizieren, die wir dann Schritt für Schritt bearbeiten und mit viel Kreativität, Humor und unkonventionellem Denken bewusst transformieren. Ziel ist es, Ihre Selbstwertprobleme soweit umzuwandeln, dass Sie sich neuen Herausforderungen stellen können und durch positive Erfahrungen motiviert werden, sich Schritt für Schritt mehr zuzutrauen. Es geht auch darum, die Grenzen Ihres bisherigen Handlungsspielraums zu sprengen und neue Verhaltensmuster und Kompetenzen zu entwickeln. Von einem Selbstwerttraining in diesem Sinne kann nahezu jeder Mensch profitieren, ganz egal, ob er andere psychische Probleme hat oder nicht.