Was ist Veränderung?

Viele Menschen wollen sich verändern. Gerade jetzt, wo in Riesenschritten das Jahresende naht, machen zahlreiche Menschen wieder Vorsätze für das nächste Jahr. Kaum jemand schafft es, diese Vorsätze einzuhalten. Doch woran liegt das?

Einerseits sicherlich am fehlenden Willen und, wie wir Therapeuten sagen würden, zu geringem Leidensdruck. Damit ist gemeint, dass eine Situation, die wir verändern wollen, nicht unangenehm genug ist, um wirklich eine Veränderung vorzunehmen. Wir leiden also zu wenig darunter.

Ein schönes Beispiel wäre das Rauchen. Vermutlich wollen die meisten Raucher zu rauchen aufhören, weil sie gehört haben, es sei gesundheitsschädlich, weil es Geld kostet oder weil es immer weniger öffentliche Räume gibt, in denen das Rauchen noch erlaubt ist. Auf der anderen Seite haben sie derzeit noch keine Gesundheitsschäden und rauchen beruhigt sie auch irgendwie. Warum also aufhören? Der Leidensdruck ist noch nicht groß genug.

Neben dem fehlenden Leidensdruck und dem damit verbundenen mangelndem Willen, sich zu verändern, gibt es aber noch eine mentale Hürde, die der Veränderung im Weg steht. Viele Menschen glauben, Veränderung bestünde darin, dass ich ein Mensch A mit ganz bestimmten Eigenschaften bin und Mensch B mit völlig anderen Eigenschaften werden müsste. Das ist nicht nur nicht hilfreich, es ist auch unmöglich.

Wir können, wie Arnold Beisser das ausdrückte, nur die werden, die wir sind. (Zitat: "Veränderung geschieht dann, wenn wir werden, was wir sind und nicht dann, wenn wir versuchen zu werden, was wir nicht sind.") Deshalb ist es wesentlich hilfreicher, sich Veränderung als eine Art Spirale oder Wachstumsringe eines Baumes vorzustellen. Wir kennen heute einige wenige Persönlichkeitseigenschaften von uns selbst und lernen im Laufe unseres Lebens immer mehr Facetten von uns kennen, werden damit also immer vollständiger und ganzer.

Sich Entwicklung als eine Art Spirale vorzustellen, ist sogar noch hilfreicher, weil wir in einer Spirale immer wieder an ähnlichen Punkten sind, aber eben doch jedes Mal eine Ebene oder Runde weiter. Wir haben dann bereits Neues gelernt und erleben die vordergründig ähnliche Situation doch ein wenig anders, mit mehr Erfahrung, mehr Menschenkenntnis und vor allem mehr Bewusstheit.

Alleine diese neue Art der Mentalisierung von Veränderung hilft Menschen erfahrungsgemäß sehr, sich selbst besser zu verstehen, neugieriger auf sich selbst zu werden und mehr an der Integration als am Kampf gegen sich selbst zu arbeiten. Veränderung geschieht sowieso, weil wir als Menschen auf Wachstum programmiert sind (organismische Selbstregulation). Psychotherapie hilft dabei, Hindernisse, die dieses Wachstum blockieren, aus dem Weg zu räumen.

Literaturtipp: Beisser, Arnold (1997). Wozu brauche ich Flügel? Peter Hammer Verlag.