Wie hilft Psychotherapie?

Vielen Menschen fällt es generell schwer, Hilfe anzunehmen. Besonders schwer scheint das aber dann, wenn es um psychische Konflikte, Stress und traumatische Erfahrungen geht. Niemand würde wohl meinen, mit einem Knochenbruch oder einer Lungenentzündung ohne ärztliche Hilfe gesund werden zu können. Wenn es aber um die Psyche geht, sieht das leider immer noch anders aus.

Die Aussage von Freunden: "Such dir einen Psychologen", wird selten als mitfühlender Rat empfunden, sondern vielmehr als Versuch, jemanden zu stigmatisieren oder auszugrenzen. Wenn Sie einer Freundin/einem Freund wirklich eine Therapie empfehlen wollen, ist es meist hilfreicher, von eigenen positiven Erfahrungen mit psychologischer Behandlung und Psychotherapie zu berichten. Das wirkt sehr viel motivierender!

Das Besondere an einer Therapiesituation ist einerseits, dass ich als Klient vollkommen angenommen werde, wie ich bin, dass jeder Gedanke, jedes Gefühl, jedes noch so bizarre Verhalten sein darf und dass andererseits der Therapeut überaus achtsam darüber wacht, was echt an mir ist und was unecht. Anders ausgedrückt: ich werde als Mensch total angenommen, während meine Rollen, die ich mir zu spielen angewöhnte, um ein falsches Selbstbild von mir aufrecht zu erhalten, systematisch frustriert werden. Das führt schließlich dazu, dass ich mich von gesellschaftlichen Erwartungen frei machen kann und immer authentischer der werde, der ich eigentlich bin, mit all meinen Fähigkeiten, Begabungen und vielleicht auch Schwächen.

Eine Psychotherapie-Situation ist ein geschützter Raum, in dem Sie sich ausprobieren können und in dem Sie Dinge vielleicht zum ersten Mal in Ihrem Leben ungeschminkt aussprechen können. Einerseits ist das Aussprechen von schwerwiegenden Konflikten und traumatischen Erfahrungen an sich schon hilfreich. Das hängt, vereinfacht ausgedrückt, mit der Funktionsweise unseres Gehirns zusammen. Das, was belastet, blockiert gewissermaßen unsere Lösungsfähigkeiten. Wir stecken im limbischen System, dem emotionalen Teil des Gehirns, fest. Durch Aussprechen, wird belastendes Material mehr und mehr dem präfrontalen Kortex zugänglich gemacht und dadurch handhabbar. Andererseits können neue Sichtweisen direkt unser Gehirn verändern. Dadurch werden Ressourcen zugänglich, von denen wir nichts wussten und die uns in Zukunft bei der Bewältigung neuer Situationen sehr hilfreich sein können.

Eine sehr wichtige Voraussetzung für das Gelingen einer Psychotherapie ist aber, dass Sie selbst etwas ändern wollen, dass Sie Neues ausprobieren und bereit sind, sich sehr selbstkritischen Fragen zu stellen. Wo Sie Veränderung nur von außen, vom Therapeuten, erwarten, wird Psychotherapie höchstwahrscheinlich scheitern.